Die seit Anfang September im CRAFTkontor laufende Ausstellung „Paper and more“ vereint unterschiedlichste Positionen von Papierkunst und Papier als Material im kunsthandwerklichen Ansatz.
Neu geschöpftes Papier als Ausgangsmaterial, aber auch vorgefundene „Altpapiere“ liefern den Stoff, der innovative, kreative Ideen umsetzt.

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Barbara Hattrup, Objekt „Brick“, Papier, Acryl.
(Copyright: B. Hattrup, Foto: Craftkontor)

Als eine Protagonistin möchte ich Ihnen die Papier- und Textilgestalterin Barbara Hattrup aus Ostwestfalen vorstellen.
Vielfältige Ansätze mutet sie sich und den genutzten Materialien zu: Sie arbeitet mit Tüten, Gummi, Zeitschriftenpapier oder handgeschöpften Papierrohmassen – Vieles wird erprobt und Einiges in faszinierenden Serien zur Reife gebracht…

Sie nennt es selbst im Zeitraffer:“Traditionelles neu entdecken, erlernen, verstehen, vertiefen … und anwenden…
Durch Inspiration: Aktuelles analysieren, begreifen … und nutzen…
Synektik als Prinzip: Neues experimentell, sinnvoll … und kunstvoll zu gestalten“ (Zitat B. Hattrup)

Ihre „Bricks“ spielen mit der seriellen Reihung eines vorgefundenen Materials, den Seiten von Magazinen oder Kunstkatalogen – guten farbigen Druckerzeugnissen auf gutem Kunstdruckpapier…
Durch die Falzung eines kleine Rechtecks einer ausgesuchten Seite entsteht ein mehrfarbiger „Strich“, den sie gereiht/gestapelt als malerischen Träger für die Erzeugung eines Landschaftseindrucks nutzt:
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Barbara Hattrup, Ausschnitt Objekt „Brick“, Papier, Acryl.
(Copyright: B. Hattrup, Foto Craftkontor )

Strand – Sonnenuntergang – Licht über einer Rapswiese – Stadtlandschaft – die Eindrücke, die ihre Einzelbricks oder die Kombination mehrerer Bricks zum  größeren Wandobjekt, erzeugnen, sind beim Betrachter vielfältig und frei assoziierbar – die Gestalterin legt uns durch Titelgebungen nicht fest – unsere Auge/Gehirnkombination ruft Eindrücke hervor…

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Barbara Hattrup, Wandobjekt „Sommerpause“, Papier, Acryl.
(Copyright: B. Hattrup, Foto Craftkontor )

Fast scheint es wie ein Gestaltungsansatz aus der Textilkunst:  Barbara Hattrup scheint mit Papierstreifen zu weben…
Aber sie braucht hier kein Kettgewebe um den Längsstreifen aufzubauen – eher die Fixierung durch das Verleimen als Buchblock um das Objekt in der Reihung irreversiebel zu bekommen.

„Altpapier“ als „Malmaterial“ freier Natur- oder Landschaftseindrücke:
UPCYCLING eines Wegwerfmaterials zu einem Träger neuer Gestaltung.
Paperart….

Demnächst mehr….

Papier ist kostbar, lebenswichtig und es umgibt uns tagtäglich, fast überall…
Von der Zeitung über das Taschentuch, vom Geschenkpapier über die Werbesendung zum Buch.
Es leistet uns niedere Dienste als Hygienepapier und wird weggeworfen und dokumentiert ebenso die Höhepunkte unseres Lebens in Urkunden und Festeinladungen….

Das CRAFTkontor, Galerie für Kunsthandwerk in der Bürgerstraße Bad Godesbergs widmet diesem einerseits normalen, andererseits kapriziösen Material die Herbstausstellung.

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John Gerard, Papier-Falt-Objekt;

Papier im Kunsthandwerk hat lange gute Tradition…
Das japanische Origami z.B., die Faltkunst ist nachweisbar um das Jahr 900.
Die freie Kunst entdeckte das Papier als Ausdrucksmittel erst im frühen 20Jh.
War es zuvor oft nur Bildträger, wird es nun selbst Objekt künstlerischen Ausdrucks.

Die eigentliche Papierkunst beginnt in der 60er Jahren, zum einen mit vorgefundenen, industriell gefertigten Papieren, zum anderen mit eigens handgeschöpften Papieren aus Papierpulpe.
Papierkünstler biegen, drechseln, knicken, knüllen, falten, knittern, drücken, pressen, stauchen, strecken, ritzen, durchstoßen, reißen, schlitzen, schneiden, kleben, klopfen, schlagen, bohren, sägen und sengen ihr fantastisches Naturmaterial, wenn sie es nicht sogar selbst aus Faserpulpe herstellen !

Einen weltweit agierenden und bekannten Vertreter der Papiermacherkunst und Papierkunst haben wir hier in der Region.
Nach dem Mottto: denn das Gute liegt so nah, brauchte nur zu seiner Papiermühle in Rheinbach, um für die Eröffnung am Freitag, 11. September 2015 genau die richtige Person zu finden: John Gerard.

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John Gerard beim Papierschöpfen; Foto: Makkiko Hamada;

Seine Papiermühle ist ein „hidden gem“ und viele wissen nicht, dass wir hier bei uns in der Nähe ein international bekanntes kleines Papierzentrum haben und einen Meister seines Fachs als „Spiritus rektor“

John Gerard wurde 1955 In Michigan, in den USA, geboren.
Er studierte Kunst in Kalamazoo und Bonn.
1984 zog er nach Berlin und eröffnete seine experimentelle Werkstatt für handgeschöpfte Papiere.
Seit 1992 lebt und arbeitet er nicht weit von hier in Rheinbach und etablierte dort seine überregional bekannte Papiermühle für geschöpfte Papier und Künstlerbücher.
Mit vielen zeitgenössischen Buchgestaltern pflegt er kongeniale Zusammenarbeiten und viele schöne Texte regten ihn zu tollen Gestaltungen an…
Regelmäßig ist er mit seinen Arbeiten auf der Frankfurter Buchmesse vertreten.
Einige seiner Künstlerbücher und Textgestaltungen sind in der Ausstellung zu sehen.

Viele internationale Ausstellungen und Auszeichungen sind Resultat seiner Arbeit – viele findet sich in bedeutenden Sammlungen wieder.
Zu nennen sind z.B. das Germanische National Museum, die Herzog-August-Bibliothek-Wolfenbüttel, die Bibliotheque nationale de France, Paris und die Library of Congress, Washington…

Neben Ausschnitten seiner Arbeit zeigt das CRAFTkontor 8 weitere Facetten von Papier im Kunsthandwerk:

Silke Janssen und ihre gewebten Arbeiten aus selbst gesponnenen Shifu-Papieren und Garnen;
die beliebten gegenständliche Papierskulpturen von Heike Roesner und Dorothea Siegert-Binder;
Schmuck aus Papier und Papierstaub von Susanne Holzinger;
Es gibt endlich Nachschub der Schachtelmacherin Adelheid Siegeroth in klassischer Buchbindearbeit,
und exklusive Papier-Objekte aus Pulpe und Peddigrohr von Ingrid Golz sowie Objektkästen von Barbara Hattrup.

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Ingrid Golz, Objekte aus Papierpulpe und Peddigrohr; Foto + Copyright: Golz.

Herzliche Einladung !

Ausstellungseröffnung: Freitag, 11. September 2015, 19.00 Uhr
CRAFTkontor, Koblenzerstr. 35 , EINGANG BÜRGERSTRAßE
Bonn, Bad Godesberg

Ausstellungsdauer: 12. 09. bis 15.11. 2015
Öffnungszeiten: Di – Fr. 11 bis 18.30 Uhr
Sa 10 bis 15.00 Uhr
Montag geschlossen.